Frau sucht Mann


Eigentlich wollte ich diese Internetbekanntschaften nicht. Zum einen konnte ich mit den Typen, die sich da so präsentierten nichts anfangen und zum anderen hatte ich doch ziemliche Muffe davor, tatsächlich wieder jemanden kennen zu lernen.
Nun war ich ja auch nicht mehr zwanzig, und ich war nicht mehr dreißig und eigentlich auch nicht mehr vierzig, sondern doch eher minstens Ende vierzig. Somit war die Auswahl an berittenen Prinzen wohl nicht mehr ganz so groß. Frösche, die darauf warteten geküsst zu werden gab es Haufenweise.
Da gab es die traurigen, frisch von den Ehefrauen getrennten, die schnell wieder in ein warmes kuscheliges Nest huschen wollten. Dann gab es die ewigen Junggesellen, die das Internet als eine Art Katalog betrachteten und sich die Frauen der Reihe nach bestellten.
Manche wollten nur auch nur schreiben um ein bisschen in ihrer Männlichkeit bestätigt zu werden.Kurz vor einem Date, kniffen sie.
Einige Jungs suchten Erfahrungen mit "reiferen" Frauen oder taten zumindest so.Auf dieses grüne Gebaggere bin ich nie eingegangen.
Dann gab es die Devoten, die angepinkelt werden wollten, oder die, die devote Frauchen suchten, die sie anpinkeln konnten.
Ja, es war für jeden etwas dabei. Und sie träumten alle von Herrn oder Frau Perfekt und ich muss zugeben, dass ich das in irgendeiner Weise wohl auch tat.
Es waren irgendwie immer die Verrückten, die auf mich flogen, aber ich fühlte mich von diesen außergewöhnlichen Typen, diesen egomanischen Exoten magnetisch angezogen. Weiß der Geier warum. Es war, als hätte ich Antennen auf dem Kopf oder würde Signale aussenden: Jungs, wenn ihr in irgendeiner Weise durchgeknallt seid, von morgens bis abends kifft, trinkt bis zum Verlust der Muttersprache oder euch zugekokst wie Gott persönlich fühlt, indianische Schwitzhütten besucht oder schamanische Reisen in andere Dimensionen macht und dort Jesus begegnet, dann kommt zu mir, ich verstehe das alles und ich bin offen für alles.

Es sind meistens die guten Freundinnen oder die guten Freunde, oder die eigenen Kinder die einen überreden, doch mal eine Kontaktanzeige im Internet aufzugeben.
Zunächst sträubt man sich mit Händen und Füßen dagegen. Schließlich hatte man so etwas doch noch nicht nötig.
Ich zierte mich auch ein wenig, aber nachdem ich ein Bild von mir in einer von diesen bekannten Singlebörsen eingestellt hatte und die ersten Nachrichten von diversen männlichen Mitgliedern bekam, wurde ich doch neugierig und ein bisschen aufgeregt.

Und schließlich bekam ich eines abends eine Nachricht von catchthestone aus den Niederlanden.

Hallo Du schöne Gestalt mit die schönen blauen Augen. Welch ein schönes Bild, wie Du da stehst vor die Bäumen in tiefeVerbundenheit mit die Natur.
Entschuldige bitte mein schlechten Deutsch aber ich bin Holländer.

Nach der langen Zeit, die ich abstinent gelebt hatte, war ich natürlich ziemlich offen für so schöne Worte und schmeichelnde Komplimente und ich muss zugeben, der Typ war nicht uninteressant. Musiker. Musik war seine Passion. Ich war recht schnell entflammt.

Wir warfen ein paar Nachrichten hin und her, und ich wurde immer gespannter darauf, welch ein Mann sich dahinter verbarg und wann er sich mir in der Realität offenbaren würde.

Er schlug vor, dass wir doch mal telefonieren sollten. Uiiih, war ich plötzlich aufgeregt. War das spannend. Wie war das möglich, dass man sich in Briefe und in ein Foto verlieben konnte.
Heute weiß ich das.Man beginnt zu träumen und projeziert all seine positiven Vorstellungen von einem Mann und von der Liebe auf eine Person. Man träumt einen schönen Traum, aber es ist nur ein Traum.

Nun gut, ich schwebte, wachte morgens mit einem Lächeln im Gesicht auf und freute mich auf die Zeit am Rechner und besonders auf den Abend, an dem wir telefonieren würden.

Ich wartete, wie so oft in meinem Leben.

Aber es kam nichts mehr. Das Telefon klingelte nicht und ich bekam keine Antworten auf meine Nachrichten, obwohl man sehen konnte, dass er ständig online war. Er öffnete meine mails noch nicht einmal mehr. Ich war empört. Wie konnte das sein. Der fand mich doch total toll. Ich verstand damals die Welt nicht mehr. Da wusste ich noch nicht, wie viele Verrückte sich im Netz herum trieben und Spiele spielten.

Eine Nachricht schrieb ich ihm noch, weil ich wissen wollte, was los sei.
Die Antwort sah so aus.

Meine liebe Gabi, leider bin ich nicht gemacht für eine Beziehung von diese Art. Meine Liebe ist die Musik und man kann die Liebe nicht mit nur einen Menschen teilen. Wir sind Teil von eines ganzen Großen und die Liebe ist universell. Liebe Grüße M.

Ja, da hatte ich die Antwort. Eine, die ich überhaupt nicht hören/lesen wollte.
Ganz verstanden habe ich das ja nicht.

Schluss mit lächeln am Morgen! Große Enttäuschung. Herzschmerz!

Drei Tage später schaue ich in mein Postfach und habe Post von einem Typen aus Horneburg: Hallo Frau Nachbarin, was treibt denn eine so schöne Frau wie Du hier im Netz?

GLG Michax_w

Na denn! Schaun wir mal! :)


Gabi Gayk
Gabi Gayk

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